19.06.2024

Umweltbewusstsein

zu Aktuelles

Studie über nachhaltiges Denken von Studierenden

Recherchiert man nach den wichtigsten Problemen, denen Deutschland derzeit gegenübersteht, so liegt das Thema Umwelt und Klimawandel auf dem zweiten Platz, nach steigenden Preisen, Inflation und Lebenshaltungskosten (vgl. Europäische Kommission, Standard Eurobarometer 99, Tabellenanhang). Dies war Anlass genug, um im Rahmen der Vorlesung „Angewandte Marktforschung“ im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen – Marketing und Vertrieb an der Hochschule Furtwangen die Frage zu untersuchen, wie wichtig Studierenden der Umweltschutz ist.

Im Forschungsdesign standen die Bereiche Ernährung, Kaufverhalten, Wahlverhalten und Mobilität sowie deren Auswirkungen auf das Umweltbewusstsein im Zentrum.

Insgesamt gaben 261 Studierende Auskunft. So gaben 83,8% der Befragten an, dass sie Wert auf Umweltschutz legen und 62,1% der Teilnehmer Demonstrationen für den Umweltschutz unterstützen.

Im Fragebogen konnten Studierende sich selbst als umweltbewusst bewerten. Diejenigen mit nach eigenen Angaben großem Umweltbewusstsein gaben für den Bereich Mobilität an, häufiger öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, für kurze Strecken das Fahrrad zu bevorzugen und Kreuzfahrten abzulehnen. Gleichwohl waren sie nicht bereit, für den Umweltschutz das Auto seltener zu nutzen oder auf Fernreisen zu verzichten als weniger umweltbewusste Studierende.

Die durchgeführte Regressionsanalyse zeigt: Je größer der Beta-Koeffizient, desto stärker der Beitrag der jeweiligen unabhängigen Variable (z.B. Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel) zur Aufklärung der Varianz (Streuung) der abhängigen Variable (Selbsteinschätzung Umweltbewusstsein).

Beim Thema Lebensmitteleinkauf achten umweltbewusste Studierende darauf, keine abgepackten Lebensmittel einzukaufen, verzichten auf Plastiktüten und trennen den aus Einkäufen resultierenden Müll. Gleichwohl sind sie nicht bereit, auf den Verzehr von überregionalen Produkten, beispielsweise aus Übersee, zu verzichten. Auch wird beim Kauf von Fisch und Meeresfrüchten nicht verstärkt auf Produkte aus nachhaltiger Fischerei geachtet.

Bei Non-Food-Produkten kaufen umweltbewusste Studierende Artikel aus Recyclingpapier, prüfen beim Kauf von Körperpflegeprodukten umweltschonende Kennzeichnungen und kaufen sich erst dann ein neues Handy, wenn das alte nicht mehr funktionsfähig ist. Beim Thema Kleidung jedoch dominiert das Modebewusstsein. Hier sind umweltbewusste Studierende nicht vorbehaltlos bereit, nachhaltig und fair produzierte Kleidung zu kaufen. Auch werden getätigte Bestellungen bei Online-Händlern nicht seltener zurückgesandt und Haushaltsgeräte nicht häufiger nach Gesichtspunkten der Energieeffizienz gekauft.

Nach Auffassung umweltbewusster Studierender sollte die Politik Unternehmen dazu zwingen, umweltbewusster zu handeln, auch bei der Bevölkerung besteht Aufklärungsbedarf. Das Wahlverhalten richten die Befragten am Thema Umweltschutz aus und auch die Teilnahme an Demonstrationen gehört für die Studierenden dazu. Spenden für den Umweltschutz tätigen umweltbewusste Studierende jedoch nicht häufiger als weniger umweltbewusste Studierende.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass Studierenden das Thema Umweltschutz am Herzen liegt und eine wichtige Aufgabe darstellt. Geht es jedoch an die eigene Komfortzone, beispielsweise ans Auto oder die lang ersehnte Fernreise, so zeigt sich keine Verhaltensänderung. Auch Kleidung soll vielmehr Marke und Image widerspiegeln als nachhaltig produziert sein. Auf die exotische Frucht aus Übersee wollen umweltbewusste Studierende ebenfalls nicht verzichten. Aufgrund des geringen verfügbaren Einkommens von Studierenden, nur 21% der Studierenden haben laut der Studie über 1.000 Euro netto zur Verfügung, ist verständlich, weshalb Haushaltsgeräte nicht häufiger nach energetischen Gesichtspunkten gekauft oder vermehrt an Umweltschutzorganisationen gespendet wird. Positiv bleibt anzumerken, dass ökologisch engagierte Studierende ihren Einfluss für diese Aufgabe politisch geltend machen.

Prof. Dr. rer. pol. Michael Gehrer, Fakultät WING