17.05.2024

Teamplayer werden mit echten Rechtsfällen

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Gruppenbild der Lehrenden im Studiengang AWR

Das AWR-Team freut sich schon jetzt auf den Semesterstart im Oktober: Prof. Dr. iur. Josef Bongartz, Prof. Dr. Eva Kirner, Prof. Dr. iur. Gerrit Horstmeier, Prof. Dr. Melanie Seemann, Prof. Dr. Julika Baumann Montecinos, Hannes Schlenker, Prof. Dr. iur. Thilo Schülke (von links nach rechts)

An der HFU gibt es einen neuen Studiengang als Alternative zum klassischen Jurastudium

An der Hochschule Furtwangen (HFU) bereitet ein engagiertes Team der Fakultät Wirtschaft den Start des neuen Studiengangs „Angewandtes Wirtschaftsrecht“ (AWR) vor. Im Oktober werden die ersten Studierenden am Standort Schwenningen erwartet. Prof. Dr. Gerrit Horstmeier, Prof. Dr. Josef Bongartz und Prof. Dr. Thilo Schülke werden in dem neuen Studiengang lehren und können es kaum erwarten. Im Gespräch geben sie einen Einblick in die spannenden Studieninhalte und ordnen ein, warum das Konzept eine starke Alternative zum herkömmlichen Jurastudium ist.

Professor Horstmeier, als angehender Studiendekan von „Angewandtes Wirtschaftsrecht“ haben Sie das Konzept und die inhaltliche Ausrichtung entworfen. Was ist das Besondere an diesem Studiengang?

Prof. Horstmeier: „Unser Angebot unterscheidet sich stark vom klassischen Studium der Rechtswissenschaften, wie es an Universitäten gelehrt wird. Viele Studierenden haben beim Gedanken an ein Jurastudium sicherlich das Bild eines Richters oder Rechtsanwalts vor Augen. ‚AWR‘ dagegen ist darauf ausgerichtet, Prozesse zu vermeiden. Wir konzentrieren uns auf alles, was für Unternehmen wichtig ist.“

Welche Fächer werden denn an der HFU unterrichtet?

Prof. Bongartz: „Ich bin Professor für Privat- und Wirtschaftsrecht und bringe den Studierenden beispielweise die Grundlagen des Zivilrechts und auch juristische Methoden und Arbeitstechniken bei.“

Prof. Schülke: „Und ich werde internationales Wirtschaftsrecht unterrichten. Das ist ein vertiefender Einblick in Rechtsfragen, die Unternehmen beschäftigen. Da es kein international einheitliches Gesetz ‚Wirtschaftsrecht‘ gibt, müssen wir die Rahmenbedingungen von Deutschland und der Europäischen Union mit denen von anderen Ländern in Bezug setzen. Wie man sich vertraglich miteinander vernetzt, das ist heute für jedes Unternehmen relevant, nicht nur für die großen Global Player.“

Prof. Horstmeier: „Ich habe in den Studiengang hineingepackt, was ich selbst als Unternehmensjurist gerne gehabt hätte. Es geht nicht nur um rein theoretisches, juristisches Fachwissen, sondern um Umsetzungskompetenz. Da haben wir einen ganz anderen Ansatz als Universitäten, die das nur in sehr geringem Maße vermitteln. Unsere Absolvierenden werden durch den hohen Praxisanteil genau wissen, worauf es in Unternehmen ankommt. Neben den Gesetzesgrundlagen lernen sie auch die wirtschaftlichen Grundlagen von Unternehmen kennen, etwa zur Finanzierung, zum Marketing oder HR. Sie sind in der Lage, Bilanzen zu lesen.“

Wie genau sieht der hohe Praxisbezug denn aus?

Prof. Bongartz: „Zum einen ist es der Hintergrund von uns Lehrenden. Wir alle haben jahrelange Praxiserfahrungen, ich selbst habe unter anderem als Richter und Staatsanwalt gearbeitet. Diese Erfahrungen können wir in die Lehre einbringen. Deshalb haben wir uns auch dazu entschieden, mit ‚real life cases‘ zu arbeiten, die tatsächliche Entscheidungssituationen in Unternehmen abbilden. Insofern unterscheidet sich unser Angebot von einem klassischen Jurastudium. Dort wird an konstruierten und demnach artifiziellen Fällen gelehrt, die den Studierenden auch fernliegendere Rechtsprobleme näherbringen sollen. Das mag der Vollständigkeit Rechnung tragen, solche Fälle kommen im echten Leben aber fast nie vor.“

Prof. Schülke: „Wir werden nicht nur prominente Fälle, zum Beispiel aus den Medien, besprechen, sondern auch eigene Herausforderungen aus unserer Berufserfahrung mitbringen. Wir durchlaufen auch mal alle Schritte einer Geschäftsgründung, oder einer Insolvenz. Das Ganze wird übrigens zu 50 Prozent auf Englisch unterrichtet, denn das ist einfach die gängige Sprache der Wirtschaft.“

Das klassische Jurastudium gilt als besonders schwierig. Wie sieht das bei AWR aus?

Prof. Bongartz: „Das juristische Staatsexamen ist genau genommen ein lern- und prüfungspsychologischer Super-GAU. Man muss den gesamten Prüfungsstoff zu einem Termin, dem Staasexamen, parat haben, an dem es um eine lebensentscheidende Benotung geht. Das wird bei uns ganz anders sein. Als Hochschule für Angewandte Wissenschaft erwirbt man seine Credits ‚on the way‘. Jedes bestandene Modul zahlt in die Endnote ein.“

Prof. Horstmeier: „Im klassischen Jurastudium ist ja auch üblich, dass Studierende zur Vorbereitung auf das Staatsexamen ein – meist sehr teures – Repetitorium buchen, um sich den ganzen Stoff anzueignen. Das ist bei uns nicht erforderlich.“

Prof. Schülke: „Klassische Klausuren sind auch nicht immer geeignet. Wir an der HFU werden auch andere, viel praxisgerechtere Prüfungsformen anwenden. Wir prüfen so, wie Wissen und Fähigkeiten auch später benötigt werden, und da kommt es zum Beispiel weniger auf Zeit, als auf eine gute und interessensgerechte Lösung an.“

Inwieweit unterscheiden sich denn die Berufsaussichten für künftige AWR-Absolvierende im Vergleich zu Volljuristen?

Prof. Horstmeier: „Volljuristen sind nicht überall notwendig. Unsere Absolventinnen und Absolventen werden keine Anwälte sein, die vor Gericht auftreten. Sie werden in den Rechtsabteilungen von Unternehmen wirken oder bei Notaren oder in Kanzleien von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Insolvenzverwaltungen.“

Prof. Bongartz: „Wir stehen mit verschiedenen international agierenden Unternehmen in Kontakt und wissen daher, dass diese häufig lieber Wirtschaftsjuristen als sogenannte Volljuristen von den Universitäten einstellen. Die große unternehmensbezogene Praxisnähe mit wirtschaftlichem Know-How macht den Unterschied. Und spannende Persönlichkeiten entstehen da, wo sich Menschen interdisziplinär beschäftigen.“

Prof. Schülke: „Wir bilden Problemlöserinnen und -löser aus. Nicht nur Bedenkenträger, die ‚geht nicht‘ sagen, sondern Menschen, die für wirtschaftliche Fragestellungen einen rechtlichen Weg finden.“

Wie viele Studierende können sich zum Start einschreiben – und was sollten diese optimalerweise mitbringen?

Prof. Bongartz: „Studieninteressierte sollten Lust darauf haben, mit anderen Menschen zu interagieren. Wir bilden Teamplayer aus. Im Studium geht es natürlich auch darum, das logische Analysieren und das strukturierte Herangehen an juristische Probleme zu erlernen und einzuüben. Das ähnelt dem mathematischen Denken, nur mit Begriffen. Die juristische Sprache ist eigen, denn es werden oft Alltagsbegriffe als spezielle Fachbegriffe verwendet, zum Beispiel beim Wort ‚Besitz‘. Da sollte man am besten eine gewisse Aufgeschlossenheit mitbringen.“  

Prof. Schülke: „Wir haben 30 Plätze, für die wir ein familiäres Lernumfeld bieten. Uns ist Teambuilding unter den Studierenden wichtig. Bei uns werden Lernpartnerschaften mitgeformt, man geht in der gleichen Gruppe durchs ganze Studium.“

Prof. Hostmeier: „Typisch HFU: Bei uns sind die Veranstaltungsräume im gleichen Flur wie die Büros der Professorinnen und Professoren.Studierende können sich bei uns auf eine persönliche Betreuung freuen. Und andersherum freuen wir uns auf die Erstsemester, denen wir unser spannendes Fachgebiet vermitteln dürfen!“

Für den Studiengang „Angwandtes Wirtschaftsrecht“ können sich Interessierte noch bis 15. Juli bewerben. Weitere Informationen, auch zum Online-Bewerbungsverfahren, finden sich auf www.hs-furtwangen.de.