08.01.2024

„Planetary Health“ an der Hochschule Furtwangen

zu Aktuelles
Man sieht eine nebelige Landschaft mit Hügeln

Symbolbild: Zukünftig wird es auch eine größere Feinstaubbelastung geben, diese stellt auch die Gesundheitsbranche vor neue Herausforderungen

Gegenwärtige und zukünftige Herausforderungen meistern

Mit dem multidisziplinären und umfassenden Gesundheitskonzept „Planetary Health“ setzen sich an der Hochschule Furtwangen (HFU) Studierende sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Fakultät Gesundheit, Sicherheit, Gesellschaft (GSG) auseinander. „Darunter versteht man die Verknüpfung der Gesundheit der Erde mit der Gesundheit des Menschen“, erklärt Prof. Dr. Robert Richter. Der Klimawandel und Umweltkrisen werden auf die Gesundheit der Menschen und damit auch auf die Gesundheitssysteme große Auswirkungen haben. Darauf reagiert die Fakultät GSG, indem sie das Thema in die Lehre aufnimmt. Prof. Richter wurde vor vier Jahren durch den Hinweis von Studierenden, die sich bei „Health for Future“ engagieren, verstärkt auf das Thema aufmerksam. Eine der Studierenden war Emily Angst. Inzwischen ist sie neben ihrem Masterstudium „Umweltethik“ und dem Engagement bei der Health for Future Arbeitsgruppe „ErgoLogoPhysio“ auch Studentische Hilfskraft für dieses spezielle Thema. „Vermutlich gibt es in Deutschland, vielleicht sogar weltweit keine anderen studentischen Mitarbeitenden, die für Planetary Health-Aspekte in einem Studiengang Physiotherapie zuständig sind“, sagt Richter. Gemeinsam machen die beiden bei Workshops, auf Tagungen und in der täglichen Lehre auf das Thema aufmerksam und stoßen den Transfer in die Praxis an. Nicht nur an der HFU, auch an anderen Schulen und Hochschulen soll das Thema im Bereich der Gesundheits- und Therapiewissenschaften in Lehrveranstaltungen Einzug erhalten. Emily Angst koordiniert hierfür ein Teach-the-Teacher Projekt“.

Auch HFU-Professorin Dr. Nicole Weydmann hat sich innerhalb der Gesundheitswissenschaften diesem Transferauftrag verpflichtet. Sie kam vor zwei Semestern an die HFU und wurde direkt von Studierenden angesprochen, ob sie eine Veranstaltung zu „Planetary Health“ anbieten könne. Gefragt, getan. Die Wahlpflichtveranstaltung ist partizipativ aufgebaut. „Ich nehme die Themen der Studierenden auf und bearbeite sie mit ihnen gemeinsam, schließlich mache ich die WPV für sie“, sagt Prof. Weydmann. Wissen über den Zusammenhang von Klimawandel und Gesundheit erlangen, diskutieren und handlungsfähig werden sind Ziele der Lehrveranstaltung, in der Weydmann auch mit einer Theaterpädagogin zusammenarbeitet. „Wir arbeiten mit den Studierenden auch an den sinnlichen, körperlichen und ästhetischen Ebenen von Wissen“, so Weydmann. Immer mehr Menschen geraten aufgrund des Klimawandels in psychische und physische Not.  Die „eco anxiety“, Klimaangst, sei eine angemessene Reaktion auf eine reale Bedrohung, sagt Weydmann, die die Veranstaltung interdisziplinär und standortungebunden konzipiert hat. Sowohl Studierenden der Allgemeinen Gesundheitswissenschaften und Gesundheitsförderung am Campus Furtwangen als auch Studierende der Physiotherapie und Physiotherapie Plus im Studienzentrum Freiburg sollen sich einbringen können. Gleichzeitig wird im Studiengang Angewandte Gesundheitswissenschaften derzeit ein Studienschwerpunktprofil Planetary Health etabliert.

Robert Richter ist es ebenfalls wichtig, das Thema über die Wahloption hinaus anzubieten – er integriert Planetary Health in all seinen Lehrveranstaltungen. „Das Thema hat so viele Facetten und eine so hohe Relevanz, dass ich überall Bezüge einflechten kann“, sagt er. Beispielsweise in der Anatomie – wenn Richter über Rippen, Thorax und Lunge spricht, baut er auch das Thema Feinstaub ein – eines der vielen Beispiele, wie Klima- und Umweltveränderungen zukünftig unsere Gesundheit beeinflussen werden. „Es wird eine zunehmende Krankenlast geben, immer nur Reagieren wird das Problem nicht lösen“, sagt Richter. Anpassung sei zwar eine wichtige Säule, aber auch Mitigation sei wichtig, also das Herbeiführen gesellschaftlichen Veränderungen, wie beispielweise der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen, damit die Krankenlast nicht weiter steigt. Dies sieht Richter auch als Verantwortung der Gesundheitsberufe. „Das Gesundheitssystem muss klimaneutral werden, um letztendlich die Gesundheit der Menschen zu schützen“, so Richter drastisch: „Wir erleben derzeit eine Katastrophe in Zeitlupe“.  Nicht nur Umweltveränderungen wirken sich auf die Gesundheit der Menschen aus, auch zusätzliche Gefahrfaktoren wie Mikroplastik, Wasserknappheit oder Bodenauslaugung werden immer deutlichere Auswirkungen haben.

Ihren Einsatz für „Planetary Health“ wollen Angst, Weydmann und Richter künftig noch ausweiten, auch an der HFU sehen sie Potenzial für viele weitere Projekte die auch direkt im Kontakt mit lokalen Praxispartnern umgesetzt werden sollen.  „Wir müssen als Lehrende auch zeigen, dass wir die Gesellschaft bei den anstehenden Wandlungsprozessen begleiten können, das ist eine große Verantwortung, aber auch eine riesige Chance“, sagt Nicole Weydmann.